Die diesjährige 18. Ausgabe der Europäischen Nacht der Literatur in Prag fand am 18. September 2024 an 22 Veranstaltungsorten auf dem Hradschin statt. In der Nepomuk-Militärkirche in Prag las die Schauspielerin Simona Lewandowská einen Auszug aus Peter Handkes Buch »Lucie im Wald mit den Dingsda«.
An allen Veranstaltungsorten wurde gleichzeitig gelesen, im 30-Minuten-Takt. Das Publikum wählte die Orte und Lesungen, die es besuchte, anhand einer Karte selbst aus.
Der weltbekannte österreichische Schriftsteller Peter Handke (geb. 1942) ist Träger des Franz-Kafka-Preises (2009) und des Nobelpreises für Literatur (2019). Er lebt seit langem in Frankreich. Sein Debüt als Dramatiker gab er Mitte der 1960er Jahre mit dem Stück Publikumsbeschimpfung, das in Frankfurt am Main unter der Regie von Claus Peymann inszeniert wurde und einen Skandal auslöste. Nicht nur in seiner Arbeit für das Theater setzt er auf formale Experimente. Sein Werk ist sehr vielfältig und umfasst auch Prosa, Lyrik und Essays, in denen er die Möglichkeiten der Kommunikation, der Sprache und existenzielle Fragen thematisiert. »Lucie im Wald mit den Dingsda« ist die neueste tschechische Übersetzung (Verlag Baobab, ins Tschechische von Anežka Kasalová) aus dem umfangreichen Werk dieses unkonventionellen Autors, der selbst auch als Literaturübersetzer tätig war, vor allem aus dem Altgriechischen und Französischen.
Lucie lebt mit ihren Eltern in einem kleinen Vorort einer großen Hauptstadt. Während Lucies schöne Mutter, die als Kriminalpolizistin arbeitet, in allem klar ist und ihre Welt eine strenge Ordnung hat, ist ihr Vater ein Spinner. Nicht nur, dass er keinen richtigen Job hat, er wandert auch den ganzen Tag durch den Wald, kommt schmutzig nach Hause und trägt seltsame stinkende Dinge in seinen Taschen. Außerdem nennt er sich selbst einen Flüchtling, ist schüchtern und redet zu kompliziert. Eines Nachts holt die Polizei Papa ab und beschuldigt ihn der Rebellion gegen den König. Zusammen mit anderen Flüchtlingen wird er inhaftiert und zum Tode verurteilt. Nur Lucie weiß, was das Einzige ist, was ihn retten kann. Eine poetische und selbstironische Geschichte über Fremdheit und Liebe, über das Zusammenkommen und das Erzählen geheimnisvoller Geschichten, aber auch über Unterschiede und Mut.
Die Veranstaltung fand als Kooperation von EUNIC und Czech Centres statt.