Aus dem Flughafen raus, kam mir eine Brise entgegen, die mich gleichzeitig erdrückte und mich mit einem »der Sommer ist noch nicht vorbei!« -Feeling willkommen hieß. Die Sonne trocknete den leicht feuchten Boden, am Vortag hatte es geregnet. Für diese Eventualität hatte ich nichts eingepackt. Hier soll es auch bis Ende Oktober schön sonnig bleiben.
Das wird eine Art »Urbeit« eine Kombination aus Urlaub und Arbeit, vor allem weil mich Freundinnen begleiten. So werden wir zwischen den Terminen uns in Gassen verlaufen und über Umwege mit schönen Entdeckungen zur richtigen Zeit am richtigen Platz auftauchen.
Gleich bei Ankunft wird der Kalender ausgepackt und Daten verglichen. Die Strecken werden in Google Maps eingegeben, gepinnt, glücklicherweise ist fast alles zu Fuß erreichbar.
Wann muss ich wo sein, mit wem und wer erwartet mich, so wurde Urbeit geplant.
Ein bisschen Berge mit Ausblick.
Ein bisschen Meer mit Weitblick.
Ein bisschen Stadt mit Einblick.
Drei Lesungen, ein paar Interviews und die Eröffnung der Austrian Cultural Week in Albanien – alles machbar.
Student*innen aus Shkodra übersetzten ausgewählte Passagen, die dann bei allen Veranstaltungen zur Verfügung standen. Mit ihnen teilte ich die Bühne, ich las auf Deutsch und sie auf Albanisch.
In keiner anderen europäischen Stadt wurden meine Texte in ihrer Realität so angenommen und in ihrer Tiefe gefühlt. Egal ob die Leser*innen jung oder alt waren, sie verstanden, ohne zu interpretieren, zwischen den Zeilen zu deuten oder den Versuch zu starten, sich hineinzuversetzen.
Ich wurde verstanden, ohne um Verständnis zu bitten, zu erklären und auszuholen. Obwohl meine Geschichte sich in Syrien abspielte und zwischen uns Berge, Inseln und Sprachen liegen.
Sie wussten, was es heißt, Teile ihrer Selbst überall auf der Welt verstreut zu haben. Fremde Länder, die zu »Zuhause« werden, nicht weil Sprache und Speisen geteilt wurden, sondern Menschen zu Liebe, denen man sich verbunden fühlt.
Dass dieses »Zuhause« oft nicht freiwillig gewählt und ein gedacht, kurzer Aufenthalt, lebenslang wurde. – Sie wussten, was es heißt. Denn laut dem Stadtführer der so lebendig alles erzählte, leben mehr Albaner*innen im Ausland als im Inland.
Obwohl es in Gesprächen hörbar ist, dass eine gewisse Verarbeitung des Vergangenen stattfindet und ein Bewusstsein dafür in den Köpfen entsteht, scheint mir das Streben so »offen und frei« wie der Westen zu sein, nicht kritisch betrachtet zu werden.
In Straßen wurden Bilder des Diktators mit westlichen Cartoon-Figuren übermalt. Auf der einen Wand ist Batman, auf der anderen Bart von den Simpsons. Figuren die in den Augen manche*r Bürger*innen »frei-sein« symbolisieren, aber eigentlich weder von den Farben, von der Illustrationsart noch von der Aussage, die Identität und die Geschichte des Landes wiedergeben, dabei gibt es viel zu erzählen.
Vor allem über das Zwischenmenschliche.
Hier gibt es so einiges, was sich der Westen abschauen könnte. Egal ob es um die Offenheit, Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Menschen geht, den Zusammenhalt von Familie oder der Umgang mit Multireligiosität. Immerhin wird durch die Festlegung der Feiertag gezeigt, dass in diesem Land alle Platz haben, sie gesehen und gefeiert werden.
Luna Al-Mousli verbrachte auf Einladung der Österreichischen Bitschaft in Tirana und dem AL Kulturministerium im Rahmen der österreichischen Kulturwoche durch Albanien.