Nachbericht
– von Peter Gruber
Bereits mehrmals wurden wir Autoren von austria kulturint (Initiative des Österreichischen Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten) auf Auslandsreisen eingeladen (Armenien, Georgien, Aserbaidschan, Iran). Die Lesereise nach Kanada (25. September bis 2. Oktober 2022) war ein Projekt im Rahmen des Jubiläums „70 Jahre bilaterale diplomatische Beziehungen Österreich und Kanada“, initiiert vom Österreichischen Kulturforum Ottawa. Zwei Multimedia-Vorträge fanden statt (Waterloo, Ottawa), eine Lesung im klassischen Stil (Calgary). Der geplante Vortrag in Edmonton wurde kurzfristig abgesagt. Das Publikum entstammte vorwiegend der deutschsprachigen Österreich-Community. Im Vorfeld gab’s Interviews und Leseproben fürs Auslandskulturjournal von Radio Klassik Stephansdom.
In Kanada wurden wir als „Natur-Writer & Alpenhirten“ angekündigt. Den Mittelpunkt unserer Performances bildete das kreative Schaffen rund um unsere Viehhirtentätigkeit in den Som-mermonaten im Dachsteingebirge, unsere Alm/Alpen-Literatur, mit besonderem Blick auf die Lebenswelt Alm. Im historischen wie auch im gegenwärtigen Kontext. Das Vermitteln von immanenten Sinneseindrücken, resultierend aus Beobachtungen und Erfahrungen, wie sie der älplerische Alltag eröffnet und dessen Umfeld angesichts Abhängigkeit/Notwendigkeit (Natur, Wetter, Klima, Ökologie, Ökonomie). Fern von Klischees. Bezogen auf Existenz und Chancen der Menschen. Bodo Hell: intertextuell, der Faktizität verpflichtet, mit exzeptionellem schrift-stellerischen Werk. Peter Gruber: chronikartiger Geschichten-Erzähler des Dachsteingebirges.
Lesung und Multimedia-Vortrag in Waterloo (26. September 2022)
Kooperation/Organisation: Centre of German Studies an der University of Waterloo. Location: Balsillie School of International Affairs (CIGI Campus). Einführung: Prof. James Skidmore.
Lesung und Multimedia-Vortrag in Ottawa (28. September 2022)
Kooperation/Organisation: Abteilung für Modern Languages and Literatures, Faculty of Arts, an der University of Ottawa. Location: University of Ottawa. Einführung: Prof. Jörg Esleben.
Reading & Meet-and-Greet in Calgary (1. Oktober 2022)
Kooperation/Organisation: Wirth Institute for Austrian & Central European Studies an der Uni-versity of Alberta. Location: Austrian Canadian Cultural Centre. Einführung: Dr. Bettina Egger.
Die Multimedia-Performance (Einspielung Sequenzen aus Dokumentar- und Essayfilm, Foto-Collage vom Leben auf der Alm) hat sich bewährt. Alle drei Veranstaltungen waren gut besucht. Das Publikum zeigte sich nicht nur höchst aufmerksam, sondern auch durchwegs interessiert. Die Möglichkeit, im Anschluss an die Performances an uns Fragen zu stellen, wurde reichlich genützt. Bei einigen Zuhörer/Innen dürften wir heimatliche Wurzeln angeregt haben. Einziger Wermutstropfen: Wir hätten uns noch etwas mehr Germanistik-Studierende gewünscht.
Reminiszenzen zur gemeinsamen CanadaReise mit Peter Gruber
– von Bodo Hell
selbstverständlich fällt einem nicht nur bei Erwähnung des Ontario-Ortsnamens Waterloo diese ständige Verdopplung (vielleicht auch Vermehrfachung) der europäischen Toponyme am (weißen) nordamerikanischen Kontinent ein, so viele europäische Städte könnten sich also über ihre über-seeischen Zwillingsschwestern freuen (die neuen auf Anhieb unaussprechlichen nativen Ortsnamen der first nations Kanadas, von denen vor Jahrzehnten noch gar nicht die Rede war oder daß gar welche angeschrieben standen, sie könnten sich wohl erst nach weiteren Jahrzehnten als geläufig erweisen), doch keineswegs bietet diese klimatisch begünstigte UniversitätsStadt (nach dem belgischen Dorf der letzten Niederlage Napoleons benannt und auf manchen ÜbersichtsKarten gar nicht eingezeichnet, in mittelbarer Nähe der Niagarafälle gelegen), bietet also keineswegs die Anmutung einer Verliererdestination, im Gegenteil: allein schon die Ansicht des dortigen futuristi-schen physikalischen Instituts mit seiner schwarzen unregelmäßig von Fenstern und NichtFenstern durchbrochenen Schauseite und vor allem der diskret elegante Bau der Balsillie School of inter-national Affairs in selbiger Erb Street West (eine vornehm zurückhaltende Architektur mit stehenden Wasserflächen und einem PlatanenInnengeviert) könnten darauf hinweisen, daß hier ohne viel Aufsehens, keinesfalls lärmend, an der Zukunft von Wissenschaft, Technik und Politik gebaut wurde und wird (mit firmengestützter EDV-Ausbildung und künftiger Anstellungsgarantie für Absolventen), das Investment-Areal der ehemaligen Seagrams Destillery mit ihrer kleinfensterübersäten Fassade sowie das multikulturelle Nachtleben nicht nur in der Delta-Hotelbar mit ständig wechselnden ÜberkopfVideoscreens gibt sich auch keineswegs verloren kleinstädtisch, der freundlich kommuni-kative Prof. James Skidmore (aus Saskatchewan stammend, jedoch in Bayern und Österreich auch ein wenig zuhause, Liebhaber von gebackenen Apfelringen und Marillenschnaps) zeigt auf einem Stadt-plan von Waterloo gern sein Gründerzeitwohnhaus in Kirchennähe als eines der ältesten Gebäude der Stadt und ergänzt einen vorgelegten zwei Jahrzehnte alten Universitätsplan um die mittlerweile lückenfüllenden Neueinbauten und Institutserweiterungen, die mittlerweile betagten Professoren von einst mit ihren Wiener Theater- und Adalbert Stifter-Studien (David John und John Whiton) sind noch in guter Erinnerung, unbehelligte Gänsepaare auf den Verkehrsflächen sowie quicklebendige Eichhörnchen zwischen den NiedrigHäusern samt niederrasselnden Straßenbahnschranken könnten leicht über die bestimmenden Zukunftsaktivitäten in den technologischen Kaderschmieden der Stadt hinwegtäuschen
daß wir, noch bevor die Salzburger ex-Festspielpräsidentin zur Initiatorin einer intensivierten KulturAußenpolitik berufen wurde
daß wir als eingeladene literarisch-almerische österr. Kulturbotschafter in die Hauptstadt Ottawa nach einer quasi nostalgischen Eisenbahnfahrt ab dem hochhausumstandenen Bahnhof: Toronto Union Station unter drohenden Himmeln am OntarioSee entlang und nach Abholung in Ottawa sowie DienstwagenFahrt in die weitläufige Residenz im hochgelegenen Botschaftsviertel Rockcliffe nahe der Bundesstaatengrenze Ontario/Québec gekommen sind (Frau Botschafterin Sylvia Meier-Kajbic hatte alles umsichtig samt Hilfsgeistern vorbereitet, war aber infolge Verpflichtungen im Zusam-menhang mit dem ö. Parlamentspräsidenten-Besuch anderweitig attachiert)
daß wir auch gleich nach Ankunft in der nahegelegenen anglikanischen Bartholomäuskirche (St. Barth’s) einem Kammermusikkonzert der österreichischen Formation Castor (die als musikalische Botschafter in mehreren Destinationen Kanadas gastierten) lauschen durften, war ein erfreulicher Einstieg in die kanadische Hauptstadt und wurde in der Folge nach einem Privatdinner zu dritt mit Gesandtem Hannes Machor (der Patergassener Kindheitsauszählreim von der NockbergeLandsfrau Angelika Kaufmann für ihn war noch ausständig, hier ist er: etla betona / nazaret zona / zika wella ana / duna bella sanna / fiera fura), nach einem innerstädtischen Botschaftsbesuch (überraschende Koinzidenz: Mitarbeiterin Vasylyna Gryso aus Lviv hat bei der dortigen Übersetzerin und Österreich-kennerin Chrystyna Nazarkiewitsch studiert, hervorragende Sprachkenntnis!)
daß wir dann nach einem Besuch des Canadian Museum of History mit seinen eindrucksvollen Exponaten indigener Kultur in der Schwesternstadt Gatineau am linken NebenFluß des St.Lorenz-stroms (eine erwünschte Begegnung mit der hochbetagten Filmerin und Innuit-Aktivistin Alanis Obomsawin, die gerade nahe Ottawa filmte – vorher in Berlin und nachher in Vancouver sind wir wieder auf ihre Publikationen gestoßen -, kam dann doch nicht zustande)
daß wir schließlich unserer eigentlichen Aufgabe nachkommen konnten, nämlich der Text- und Bild-Präsentation in einem hochgelegenen Aussichtszimmer der Universität bei freundlicher Betreuung durch Herrn Prof. Joerg Esleben (vor Jahrzehnten war es Agatha Schwarz), was auch diesmal multi-medial wie schon in Waterloo (vom Kollegen Peter Gruber gründlich vorbereitet) und vor erlesener Zuhörerinnenschaft vor sich ging (auch wenn eine KlimaAnlagenVerkühlung seit Atlantikflug die Stimme meinerseits etwas aufgerauht hatte, was nachher im zugleich substanziellen wie fein mäandrierenden Universitäts-Radio-Interview mit Hans G. Ruprecht: great to be on your show, zu hören ist)
daß also dieser dichte Hauptstadtaufenthalt der Dichter und Hirten rundum glücklich verlief, ist allen daran Beteiligten (Daniel Corts nicht zu vergessen) zu verdanken, nicht zuletzt auch den kundigen und pünktlichen Limo(sinen)Fahrern (Mahmut, José) und der gesprächigen asiatischen Köchin der Residenz
die Öl- und EinkaufsMall-Stadt Edmonton, wie sie schlankhäusig aus der Ebene Albertas gewachsen ist und weiterwächst, wird wieder per Flugzeug erreicht – diesmal nicht wie beim lange zurückliegen-den ersten Besuch meinerseits als Cockpitpassagier eines austroaffinen Piloten (vermittelt durch Caroline Markolin) und seines Copiloten, der in Airportnähe immer nach Raubvögeln auf Triebwerks-höhe Ausschau gehalten hat, beide waren damals auf die PapierstreifenNachrichten etwelchen weiblichen Bodenpersonals erpicht, die beim Überflug der quadrierten Weiten Manitobas etc. dann und wann aus dem Fernschreiber gekrochen kamen – dieses Mal nach einem zwischenzeitlichen Eintauchen ins BildschirmFilmAngebot der Air Canada, etwa in die Schlag-auf-Schlag-Dramaturgie des klassischen Streifens CASABLANCA oder aus gegebenem traurigen letalen Anlaß in die weiland Krönungszeremonien der Königin Elizabeth II. von 1952, somit Oberhaupt des Vereinigten König-reichs auch von Antigua bis Tuvalu (Kanada sowieso eingeschlossen, wo man an allen Straßenecken und Münzprägungen auf ihren Namen oder ihr Konterfei stößt, wie wird das weitergehen?), also am Flughafen Edmonton wurden wir vom elegant sympathischen und eloquenten Prof. Alexander Carpenter (deutlich artikuliertes Englisch, wenig Deutsch) abgeholt, diesem rezenten Leiter des spendablen Wirth-Instituts für die Geschichte und Kultur Zentraleuropas (ob seiner schlanken Größe erscheint er stets etwas vorbeugend vorgebeugt, wie einem frühen klassischen SchwarzWeißFilm im Air-Canada-ScreenAngebot entstiegen), der dann auch gleich noch einmal zum Flughafen zwecks weiterer Abholung fahren mußte, und wir wurden von ihm auf Abkürzungswegen zum Hotel Varscona (mit wieder anderen Zimmer- und Liftkarten-Prozeduren) gebracht, wo Gesandter Hannes Machor schon im Empfangsparterre am Laptop arbeitete, um weitere Details für Calgary vorzubereiten, nun denn: ein universitärer Auftritt konnte am bevorstehenden 30. September in Edmonton ja nicht stattfinden, da dieser Truth- and Reconciliation Day (für die außerhalb der Reservate in der modernen Welt großteils unsichtbaren #Eingeborenen#) offiziell lehr- und lernfrei war, und wieder bewahrheitete sich im dort gegenüberliegenden Continental Dinner Restaurant die Tatsache, daß Canadierinnen auch Polinnen, Ukrainerinnen sowieso, vielleicht aber auch Kroatinnen sein können, dem Ex-Wirth-Vorsitzenden Prof. Franz Szabo, einem ausgewiesenen Kenner der euro-päischen Geschichte vor allem des 18. Jhdts (selbst mit steirischen Vorfahren aus St.Veit am Vogau) hätte man am RestaurantTisch gern noch länger zugehört, da fielen Namen wie Barbara Stolberg mit ihrer Maria Theresia-Biografie, aber auch ein Hinweis auf das eigene Staatskanzler Kaunitz-Buch und die HistorikerGewährsfrau in Graz Grete Klingenstein, daß sich dann Tags darauf nach einem zuzweit-zufuß-Ausflug zur großzügig erhaltenen Edmontoner North Saskatchewan-Flußlandschaft noch ein 12-Personentreffen im Bauernschmaus-Restaurant in der Vorstadt unterm Salzburger Marionetten-theaterplakat ausging, bevor an der unscheinbaren Fernbushaltestelle auch die Tiroler Comiczeich-nerin Frau Dr. Bettina Egger (welche in Edmonton Comics unterrichtet) hinzukam, um den Bus zur großteils kerzengeraden Fahrt nach Süden zu besteigen (eine Unzahl von gerollten Heubinkeln und eine Minderzahl von nahezu stillstehendem Weidevieh ist uns Hirten während des Vorbeigleitens, nach links und rechts kopfwendend, keineswegs entgangen)
die dem Namen nach auch in der Alten (Sports)Welt sehr bekannte Stadt Calgary (Olympiade 1988) hätten wir uns wohl nicht so modern hochgeschossen vorgestellt, voll von feiernden Jugendlichen auf der Flaniermeile (die etwa einen Obdachlosen durch Münzzuwürfe zu weiteren Liegestützen am Asphalt johlend anfeuerten) und so fernab der eigentlichen Rocky Mountains, Wirth-Institut-Assistentin Sylvia Chrobak hat den Calgary-Aufenthalt umsichtig arrangiert, Franz Szabo gibt eine Einladung ins SteakHouse (vollbesetzt von jungem und vermögendem Publikum aus der Ölbranche), das elegante DORIAN Breakfast-Hotel im Hochhaus zeigt sich allenthalben bemüht, seinem Oscar-Wilde-ÜberNamen bild- und textlich gerecht zu werden: Bildnisbuch liegt auf, an die Türklinke etwa kann man eine zweiseitige Aufforderung ans farbige Zimmermädchen hängen, nämlich je nachdem: I can bear the idea of my soul being hideous. Please tidy room oder: I am tired of myself tonight. I should like to be somebody else. Please don’t disturb, die Etagen- und ZimmerNummern merkt man sich am besten mit möglichen GeschichtsDaten, etwa: Stockwerk 19 / Zimmer 14, die Schlaf- und Wachzeiten sind für die Europäer in den jeweiligen Zeitzonen nach einer Woche immer noch nicht angepaßt, alle Beteiligten treffen sich fröhlich im Oberstock-Frühstückszimmer: der umsichtige Kommunikator Roland Pirker (er kennt die vielen Elstern von den diversen Raben auseinander und weiß sogar, daß man aus den crab apples am Straßenbusch Marmelade machen kann) führt uns nach einem atemberaubenden Panoramablick am Calgary-Tower (gegenüber der noch höhere elegante Prachtbau des Telus Sky Towers, oben dreiseitig zulaufend, die Rockies ihrerseits noch immer nicht zu sehen) kurz zufuß durch die Stadt bis zum Bow-River und kommt unterwegs mit einigen Passanten ins Gespräch, wir dürfen abends (reading, meet and greet, eingebettet ins lokale Oktoberfest) im Austrian Club außerhalb der Stadt vor geladenem und angemeldetem Publikum von unseren Erfahrungen in der alpinen Welt berichten, was nicht schlecht aufgenommen wird und in freundliche Begegnungen vor allem mit der älteren Generation der Ausgewanderten führt, auch ein 99-jähriger Herr hellwach aus dem Mürztal ist unterm Publikum, der junge Salzburger Helikopterpilot und Bergretter Michael, der uns tags darauf in die Rockies fliegen wird (was nicht mehr zum offiziellen KulturforumProgramm gehört) und seine Partnerin und Technikingenieurin Anna (bei Canadian Oil tätig) sind auch im vorwiegend deutschsprachigen Auditorium, dankenswerterweise dürfen wir noch einen Tag in der Stadt bleiben und treten dann mit dem Rider Express (dessen ungekennzeichneten Abfahrtshalt in downtown beim Harry Hays Building 220, 4th Av. SE man nicht leicht findet) unsere zweitägige Busfahrt westwärts bis Vancouver an
Stimmen von Zuhörer/Innen
„Es war mir eine Freude, Sie beide, Herr Gruber, Herr Hell, kennenzulernen!“
(Prof. James Skidmore, Director, Waterloo Centre for German Studies)
„We were delighted to have you both!“
(Kira Youngblut, Administrative Assistent, Waterloo Centre for German Studies)
„Mir hat die Begegnung mit Ihnen, Herr Gruber, Herr Hell, einen Riesenspaß gemacht und viele gedankliche Anregungen gegeben!“
(Prof. Jörg Esleben, German Section Coordinator, University of Ottawa)
„It was a great pleasure to meet you both, and to host you here in Alberta“
(Prof. Alexander Carpenter, Wirth Institute an der University Alberta in Edmonton)
„Mir und sowohl auch allen anderen, mit denen ich gesprochen habe, war es eine Freude euch kennenzulernen und euren Lesungen zuzuhören.“
(Roland Pirker, Präsident des Austrian Canadian Councils)
„Es war wunderbar, Sie beide zu erleben, wenn auch nur für einen Nachmittag!“
(Brigitte Doherty, Zuhörerin in Calgary)