Wird das Jahr 2040 jemals kommen und wie könnte es aussehen? Denn aus der ukrainischen Perspektive findet die Zukunft bereits jetzt statt.
In ihrem gemeinsamen Projekt mit dem Titel ›In der Wüste Bäume pflanzen‹ gehen Tanja Maljartschuk und Laryssa Denyssenko der Frage nach, wie man überhaupt an die Zukunft denken kann, solange Krieg im eigenen Land herrscht. Wie Tanja Maljartschuk im Gespräch erzählt, ist ihr dabei Laryssa Denyssenkos Stimme besonders wichtig, denn sie bekommt den Krieg in der Ukraine – sie lebt in Kyjiw – hautnah mit.
Die beiden Autorinnen lernten sich bereits 2004 in Kyjiw kennen. Laryssa Denyssenko, die auch als Rechtsanwältin arbeitet und sich viel für Menschenrechte und Toleranz einsetzt, machte Tanja Maljatrschuk auf die Ausschreibung aufmerksam und schlug vor, sich dem Thema der Zukunft auseinanderzusetzen.
Dieses Bedürfnis von Laryssa nach Gerechtigkeit, hat sie auch dazu gezwungen, dass sie in den letzten Jahren mehrere Kinderbücher geschrieben hat, die in Ukraine für viel Aufsehen gesorgt haben. Sie schreibt dabei sehr viel z.B. über Toleranz in den Familien.
Tanja Maljartschuk
Umweltschutz – Zukunft als Illusion
Auch in der Ukraine gab es vor Kriegsbeginn zahlreiche Projekte, die sich für den Umweltschutz einsetzten. Laryssa Denyssenko nennt in ihrem Essay beispielsweise ein Umweltprojekt in der Stadt Cherson, bei dem Kinder am Strand Plastik einsammelten und daraus Müllkörbe zusammengebaut haben. Die Stadt liegt nun jedoch in Trümmern und zahlreiche Kinder sind durch den Krieg umgekommen.
Wie Tanja Maljartschuk im Gespräch erläutert, ist es den beiden Autorinnen ein großes Bedürfnis zu zeigen, wie brüchig die Zukunft sein kann. Während man sich mit Themen der Künstlichen Intelligenz, Umweltschutz und dem Erhalt der Tierarten beschäftigt, bleibt außen vor, wie schnell sich die Situation durch Ausbruch eines Krieges verändern kann. Eine Rakete, die ein Haus oder einen Damm in Sekunden zerstört, kann ebenfalls eine Naturkatastrophe zur Folge haben, die mehrere Jahrzehnte andauert.
Wir denken, dass wir an der Zukunft arbeiten, aber in Wahrheit ist die Zukunft nur eine Illusion.
Tanja Maljartschuk
Tanja Maljartschuk erzählt in ihrem Text von ihrem Kennenlernen einer Frau, die nach Kriegsbeginn im Jahr 2022 aus der Ukraine flüchtet und sich als Tierschützerin und -betreuerin einsetzt. Sie zieht von Land zu Land und versucht so, ihrem Trauma zu entkommen. Während sie ihr eigenes Zuhause verloren hat, möchte sie zumindest anderen dabei helfen, ihre Heimat zu behüten. Man erfährt von den Gräueltaten in der Geschichte der Ukraine, dem Schicksal von Familien, das repräsentativ für zahlreiche Ukrainer*innen steht und eigenen Erfahrungen der Autorin. Sie macht dabei deutlich, dass der Gedanke des Schutzes der Welt, des Klimas und der Arten, der unsere Gegenwart prägt, unter autoritären Regimen nicht möglich ist. Denn hier wird er immer mit möglichen Bedrohungen und Angst verknüpft.
Was müssen wir uns bewusst machen?
Drei Sachen werden im Gespräch und auch den Texten der beiden Autorinnen besonders deutlich.
1) Die Geschichte und auch die aktuelle Situation lehrt Ukrainer*innen: zu planen ist nicht möglich, denn die Zukunft bleibt ungewiss.
2) Der Krieg und Umweltkatastrophen gehen über Ländergrenzen hinaus. Im Westen ist der Gedanke an die Zukunft sehr beständig und die Vorstellung eines Krieges im eigenen Land weit entfernt. Tanja Maljartschuk betont jedoch, dass eben dieser westliche Gedanke und das Gefühl der Sicherheit nur eine Illusion ist.
3) An der Zukunft sollte im Hier und Jetzt gearbeitet werden, damit es überhaupt eine mögliche Zukunft geben kann.
Zum ganzen Gespräch mit Tanja Maljartschuk: Interview
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Tanja Maljartschuk: ©ÖGfL -
Laryssa Denyssenko: aus dem Archiv der Autorin