Nach dem Erfolg ihres Projekts ›Rest in Poetry II‹, das im letzten Jahr ebenfalls durch die ›Internationalen Literaturdialoge‹ ausgezeichnet wurde, finden der Autor Michael Stavarič und die Regisseurin Tina-Maria Feyrer erneut mit einer Idee zusammen. Diesmal soll ein Projekt entstehen, das sich mit der Zukunft beschäftigt und die Ängste, Unsicherheiten, aber auch Wünsche und Hoffnungen der Menschen darstellt.
Die Gegenwart erinnere sie an die Wende zum 20. Jahrhundert, die Dekadenz, den Jugendstil, an eine Zeit, in der die Menschen fürchteten, das Alte zerbreche, gehe verloren, und man wisse nicht, wohin die Zukunft führe, so Tina Feyrer.
Was kann in die Zukunft gerettet werden?
Damals verfassten etwa die Futuristen Texte und Manifeste mit Wünschen, Hoffnungen und Prophezeiungen für die Zukunft. Heute möchten Tina Feyrer und Michael Stavarič es ihnen gleichtun, mit dem Ziel, etwas für die Nachwelt zu bewahren.
In einem Kurzfilm werden Texte des österreichischen Autors Michael Stavarič und der italienischen Lyrikerin Gaia Ginevra Giorgi auf Deutsch und Italienisch zu hören und durch englische Untertitel zu lesen sein. Durch den suggestiven, langsamen Rhythmus der Videoinstallation können die Texte wie eine Art bildliches Gebet und Mantra gesehen werden. In Abstimmung mit dem allgegenwärtigen Motiv des Meeres werden die Texte durch die reduzierte folkloristische Musik des slowenischen Musikers Iztok Koren untermalt. Die Verarbeitung verschiedener künstlerischer Genres wie der Literatur, des Films und der Musik in einem Projekt ist den Projektpartner*innen hierbei besonders wichtig.
Die Installation soll schließlich im Rahmen einer Ausstellung in Form einer Endlosschleife als Projektion zu sehen sein.
Worum geht es?
Der Film beginnt mit dem stürmenden Meer. Es regnet und ein Schiff sinkt ins Wasser. Die auf dem Schiff zu sehende Schrift verwischt. Michael Stavarič – als Symbolbild für den Menschen, der hofft, etwas in die Zukunft retten zu können – beginnt Sätze zu rezitieren, die er aufbewahren will. Das Wasser beginnt sich zu bewegen und Gaia Ginevra – als Verkörperung einer Göttin des Meeres und des Lebens – steigt aus dem Meer empor. Ihr auf Italienisch rezitierter Text ist als Off-Stimme zu hören. Durch den abwechselnden Sprechgesang entsteht so ein Zwiegespräch der beiden Figuren.
Die narrative Erzählweise Michael Stavaričs steht im Kontrast zu Gaia Ginevras prägnanten Sätzen. Zusammen ergeben die Texte der beiden ein Manifest, das gleichermaßen als Botschaft und Warnung an die Zukunft gesehen werden kann.
Das Manifest selbst soll handschriftlich auf das Segel eines Papierboots geschrieben werden, das in der Bucht von Triest dem Horizont und der Zukunft entgegentreibt. Ob das Boot dem Wasser am Ende tatsächlich so lange wie geplant standhält oder die Projektpartner*innen sich doch für eine Flaschenpost entscheiden, wird sich im Laufe des Drehs zeigen.
Das Meer als Trägerin alten Wissens
Wichtig ist der Regisseurin Tina Feyrer jedoch nicht nur der Blick in die Zukunft, sondern auch der symbolische Charakter des Meeres und des Wassers. Es verkörpert für sie Sehnsüchte, Unbewusstes, aber auch Melancholisches.
»Ich empfinde das Meer zum einen immer als weiblich und eigentlich fast schon als Personifizierung, als eine Person, die ihr eigenes Bewusstsein, ihre eigenen Erinnerungen hat und uraltes Wissen mit sich trägt«
Tina-Maria Feyrer
Verdeutlicht wird dieser Ansatz durch die Verwendung von Farbe im Film. Während der Großteil des Films in Schwarz-Weiß gehalten ist, nehmen die Bilder Farbe an, sobald Gaia Ginevra als Verkörperung des Wassers und des Weiblichen aus dem Meer hervorkommt. Auch das mythische Element ist hier bewusst eingesetzt, denn es symbolisiert die Unsicherheit der Zukunft.
»Das Projekt ist der Versuch, den Pessimismus, die Ängste, die Hoffnungen und Wünsche, von denen man glaubt, dass sie nicht in Erfüllung gehen werden, aus einer poetischen Perspektive zu sehen.«
Tina-Maria Feyrer