Die Zagreber Literaturgespräche haben eine lange Tradition und fanden am 6. Oktober 2022 zum 43. Mal statt. Sie dienen Autor*innen, Übersetzer*innen, Verlagshäusern, Kritiker*innen und Kulturschaffenden als Plattform zum Austausch. Das diesjährige Motto lautete »Mitteleuropa: kulturelle oder geographische Fakten«.
Der österreichische Schriftsteller und Journalist Florian Neuner war als Gast geladen und stellte sein thematisch passendes Essay »Im Nebel. Ein Essay über Mitteleuropa« vor.
Neuner wurde 1972 in Wels geboren und lebt in Berlin und Wien. Im Ruhrgebiet hat er sein Instrumentarium zur »literarischen Stadtforschung« entwickelt. Gemeinsam mit Ralph Klever gibt er die Zeitschrift »Idiome. Hefte für Neue Prosa« heraus, die sich der avancierten Prosa jenseits narrativer Clichés verschrieben hat. Er ist Mitglied der Linzer Künstlervereinigung MAERZ und betreut dort die Reihe ›maerz_sprachkunst‹. Neuner war auch der Grazer Stadtschreiber im Zeitraum 2021/2022.
In seinem Essay geht Florian Neuner zunächst der Frage nach, inwieweit sich Mitteleuropa geographisch definieren lässt, und kommt zu dem Schluss, dass sich keine klaren Grenzen ziehen lassen. Er schlägt deshalb vor, den Begriff politisch-kulturell zu lesen und geht auf die Mitteleuropa-Konzeption Friedrich Naumanns ebenso ein, wie auf die österreichische Osteuropa-Kulturpolitik der 1980er und 90er Jahre und bringt seine eigene Wahrnehmung vor dem Hintergrund einer Sozialisation in Österreich ein. Aber auch für diese Lesart gilt: Je genauer man hinschaut, desto unklarer wird, für was »Mitteleuropa« eigentlich stehen soll.
Der bekannte kroatische Übersetzer Andy Jelčić moderierte das Gespräch, der Leiter des Kroatischen Schriftstellerverbands – Marko Gregur – nahm als weiterer Gesprächspartner teil.