Welche positiven Entwicklungen könnten 2040 bereits realisiert worden sein? Wie werden Menschen miteinander und der Natur in der Zukunft umgehen? Und welche Rolle spielt die Sprache dabei?
Mit diesen und weiteren Fragen setzen sich Andrea Grill in ihrem poetischen Essay und ihre albanische Projektpartnerin Albana Shala in ihrem prosaischen Text auseinander.
Die Zusammenarbeit
Die beiden Autorinnen lernten sich bereits vor über 25 Jahren kennen und freundeten sich schnell an. Wie Andrea Grill im Gespräch erzählt, war es Albana Shala, die sie dazu ermutigte, aus dem Albanischen ins Deutsche zu übersetzen. Durch das Übersetzen sei man auch viel kritischer seinen eigenen und fremden Texten gegenüber.
I feel Andrea is very much a soulmate in that sense. Because of her interest of language, the fact that she speaks Albanian (…), out of an interest in literature (…) and a certain worldview, that we share.
Albana Shala
Nun kam es zum ersten Mal zu einer literarischen Zusammenarbeit der beiden. Besonders sprachen die beiden Projektpartnerinnen bei der Ausschreibung die Aspekte des Dialogs und die Auseinandersetzung mit der Zukunft an. In der heutigen Zeit wird man von meist negativen Informationen überflutet. Gerade deshalb ist es wichtig im Dialog zu bleiben, um die vielen Informationen und Ideen zu selektieren.
Andrea Grill und Albana Shala hatten bereits vor dem Projekt über viele Zukunftsthemen gesprochen und sahen die Ausschreibung als gute Möglichkeit, ihre Ideen näher zu betrachten.
Wie könnte die Zukunft aussehen?
Während Andrea Grill sich die Zukunft ihres Sohnes vorstellt, imaginiert Albana Shala die Zukunft ihrer fiktiven Enkelin. Andrea Grill erschafft in ihrem Text eine utopische Welt, in der Frieden herrscht, Autos nur einen randstelligen Platz einnehmen und die Luft durch Photosynthese sauberer machen. Fußgänger*innen und Radfahrer*innen hingegen können sich auf großen Straßen frei bewegen.
Wie Albana Shala im Gespräch erklärt, ist für Sie das Jahr 2040 zu nah, um sich tatsächlich eine Utopie vorzustellen. Trotz der gegenwärtigen Situation der Welt, haben sie sich jedoch beide dazu entschlossen, die Zukunft in einem positiven Licht zu betrachten. Sie stellen sich die Fragen, wie künstliche Intelligenz den Menschen beeinflussen wird, welche Position wir in Zukunft gegenüber der Natur und einander einnehmen werden sowie wie Europa und wir als Europäer*innen in 16 Jahren sein möchten.
Do we want to live on a continent that would be driven by war? I don’t think so and we should not let it happen. Do we want to live on a continent that is built as a castle with walls surrounded by graveyards of migrants and refugees? I don’t think we want to be that kind of European.
Albana Shala
Das Thema der Identität und der Würde spielen für sie hier eine große Rolle. Gleichzeitig stellt sie auch die Frage, wie weit wir uns als Europäer*innen in Zeiten der Globalisierung mit diesen Themen beschäftigen können, ohne die restliche Weltbevölkerung in die Überlegungen miteinzubeziehen. Für sie steht fest, dass solange Krieg und Armut um uns herum herrscht, die eigene Würde permanent herausgefordert wird. Natur und Mensch können nicht getrennt werden. Solange der Mensch nicht in Harmonie mit der Natur und seinen Mitmenschen lebt, wird er sich demnach selbst schaden.
Gerade deshalb ist eine positive Vorstellung der Zukunft für sie bedeutend.
Eine gemeinsame Sprache, die über das Sprechen hinausgeht
Unabhängig von der Sprache, gibt es immer eine Art und Weise, wie man sich verständigen kann. Die wirkliche Kommunikation macht dabei nur einen kleinen Teil aus. In den Texten möchten Sie noch mehr auf die Suche nach eben diesem Gemeinsamen gehen. Andrea Grill ist davon überzeugt, dass wir in der Zukunft auch andere Lebewesen besser verstehen und uns dadurch mit ihnen näher verbunden fühlen werden.
Ihre Projektpartnerin geht in Ihrem Text Vorstellungen nach, wie eine Welt aussehen könnte, die Sozialberufe, die häufig von Frauen übernommen werden, mehr würdigt und auch monetär besser entgeltet. Solange die Arbeit und Bedeutung von Frauen in der Gesellschaft nicht ausreichend anerkannt werden, herrscht für Albana Shala eine Disbalance von Machtstrukturen und dem Leben selbst. Sie nennt diese Auseinandersetzung eine Art feministische Sprache, mit dem Bewusstsein der Bedeutung des Planeten und dem Versuch das Patriachat zu beenden.
Auch Andrea Grill dreht in ihrem Essay die gesellschaftlichen Verhältnisse, wie etwas bezahlt wird, um und sieht darin eine Art Kommunikation. Denn, wie sie sagt, kann Geld auch als Sprache gesehen werden.
Einen weiteren wichtigen Bestandteil nimmt in den Texten die Form des Dialogs ein. Wie Andrea Grill im Gespräch verrät, lässt sie ihre Projektpartnerin in ihrem Text auch immer wieder selbst zu Wort kommen. In einer Art Collage fügt sie Sätze ein, die Albana Shala ihr im Zuge des Austausches zu dem gemeinsamen Projekt geschrieben hat.
Zum ganzen Gespräch mit Andrea Grill und Albana Shala: Interview